Aus der Geschichte lernen – Begegnung mit einer Überlebenden

Es ist Freitagnachmittag, 14.00 Uhr.  

15 Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen haben gemeinsam mit ihren Geschichtslehrerinnen Frau Juretzko und Frau Frick ihre Sitzplätze in der Aula der Schule eingenommen…

Dieser Eingangssatz ist für einen Artikel schon sehr ungewöhnlich. Es kommt aber noch besser…

… sie alle erwarten die Ankunft eines weit gereisten Gastes.

Alle sind freiwillig hier – mussten nicht erscheinen und erhalten dafür auch im Nachhinein keinerlei schulische Vergünstigungen.
Es wird kein Popstar erwartet, und es handelt sich auch nicht um ein Konzert …

Die Ankunft verzögert sich aber durch die weite Anreise – letztlich um fast 2 Stunden… und trotzdem sind fast alle noch da, nur einige wenige sind kurz vorher etwas enttäuscht gegangen.

Wer wird denn hier nur erwartet?

Die Schülerinnen und Schüler der oberen Klassen folgten einer Einladung zu einer ungewöhnlichen Zeitreise mit

Noell Vensini.

Vor fast 75 Jahren hatte Frau Vensini keinen Namen mehr, sondern war nur noch die

Nummer 47184.

Die gebürtige Korsin lebte 1942 vorübergehend bei ihrer Tante im französischen Städtchen Montpellier.
Hier schloss sich die damals 16 jährige der Widerstandsbewegung  Resistance an und überbrachte als Kurier mit anderen verbotene Flugblätter und Zeitungen, sammelte aber auch Waffen.

Sie „entschuldigt“ sich heute fast für ihr Tun mit den Worten:
Ja, damals übersah man die Tragweite noch nicht.“ ,
und meint eigentlich damit, mögliche Folgen, Gefahren, Konsequenzen für sich.

Eines Tages „flog sie auf“ , wurde von der Gestapo verhaftet und ein Jahr später, 1943, über mehrere andere Stationen  ins Konzentrationslager Ravensbrück nach Deutschland deportiert.Es war das einzige KZ, das ausschließlich nur für Frauen errichtet wurde.

In Anwesenheit ihrer Tochter und ihres Enkels und weiterer angereister französischer Jugendlicher berichtete die nun 90 jährige über ihre Zeit und ihr Leiden im Konzentrationslager. Geduldig und ohne Pathos beantwortete Frau Vensini  die vielen Fragen ihrer aufmerksamen Zuhörer.

  

Die absolute Stille im Publikum wurde nur einmal durch ein lauteres Raunen unterbrochen.
Frau Vensini schilderte gerade  in diesem Augenblick ihre Befreiung durch die Rote Armee im April 1945. Sie wog damals nur noch 28 Kg!
Unfassbar!

Sie brauchte danach noch einen Monat bis sie ihre Eltern in Brüssel wiedersah. Diese waren die ganze Zeit über ihren Verbleib im Ungewissen und hatten erst kurz zuvor vom Schicksal ihrer Tochter erfahren.

Bis heute engagiert sich die Überlebende von Ravensbrück für Völkerverständigung, reist in Schulen  und scheut keinen noch so weiten Weg,  um als eine der letzten Augenzeugen mahnend und aufklärend zu wirken.

Wir danken Ihnen, Frau Vensini für Ihren Besuch und wünschen Ihnen alles Gute!

Am Dienstag werden die Schülerinnen und Schüler der 9.Klasse die Gedenkstätte Ravensbrück besuchen.